Studium abbrechen – was kommt danach?

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Studium abbrechen – was kommt danach?

In Deutschland verlässt jeder dritte Studierende die Hochschule ohne Abschluss. Ein Studienabbruch ist jedoch keine Katastrophe. Es kann ein notwendiger Wendepunkt im Leben sein, der hilft die eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen besser einzuschätzen. Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, um die Weichen mit kühlem Kopf neu zu stellen.

Soll ich mein Studium abbrechen?

Am Anfang steht die ehrliche Selbstanalyse: Nur wer sich mit den wirklichen Ursachen seiner Unzufriedenheit beschäftigt, kann eine souveräne Entscheidung für den weiteren Lebensweg treffen. Hat man nur das falsche Fach gewählt oder geht es um etwas ganz Grundsätzliches?

Das DZHW (Deutsches Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung) listet unter den Top Drei-Faktoren für einen Studienabbruch die folgenden Punkte auf:

  • Leistungsprobleme
  • Finanzielle Schwierigkeiten
  • Mangelnde Studienmotivation

In den naturwissenschaftlichen Fächern wie zum Beispiel in der Mathematik, Physik, Informatik oder der Pharmazie sind es meistens Leistungsprobleme, die Studierende ihr Studium abbrechen lässt. In den Geisteswissenschaften überwiegen mangelnde Berufsperspektiven als Gründe für eine verfrühte Studienaufgabe.

Der Frust kann jedoch auch mit den Studienbedingungen, der fehlenden Praxisnähe, sozialen oder auch gesundheitlichen Problemen zusammenhängen. Und immer wieder hört man von Studierenden, dass sie sich durch die Studienorganisation und das eigenverantwortliche Lernen gestresst fühlen.

Vor dem endgültigen Studienabbruch

Alle oben genannten Zweifel müssen nicht zwangsläufig zum Studienausstieg führen. Es besteht immer noch die Möglichkeit an verschiedenen Stellschrauben zu drehen:

  • Wechsel des Studienfachs
  • Wechsel der Studienform
  • Wechsel der Hochschulform
  • Wechsel des Studienorts

Und schon haben sich eventuell die Voraussetzungen verändert und neue Perspektiven tun sich auf.

Wechsel des Studienfachs

Es passiert nicht wenigen Erst-Studierenden, dass sie sich unter dem gewählten Studienfach etwas anderes vorgestellt haben. Obwohl sie sich im Vorfeld intensiv mit ihren Stärken und Wünschen auseinandergesetzt haben. Schon während des ersten, spätestens im zweiten Semester melden sich jedoch erhebliche Zweifel. Man fühlt sich entweder über- oder unterfordert. Die anfängliche Begeisterung und die Motivation lassen nach. Zunächst denkt man vermutlich an einen Studienfachwechsel an der gleichen Hochschule oder an einem anderen Ort nach. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass die Inhalte durchaus interessant und stimmig waren, aber einfach der Praxisbezug gefehlt hat. Dann könnte eventuell ein Wechsel der Hochschulart das Problem lösen.

Wechsel der Hochschulform

Also der Wechsel von einer Universität zu einer Fachhochschule. Der umgekehrte Weg ist deutlich schwerer, da die Voraussetzungen (Vollabitur, erreichte Credit Points, theoretisches Wissen) nicht immer gegeben sind. Jede Universität und jede Fachhochschule legt eigene Kriterien an. Welche das sind, muss man im Vorfeld individuell abklären. In der Regel informieren die jeweiligen Prüfungsordnungen über die Voraussetzungen und Zulassungsmodalitäten. Eine weitere Möglichkeit tut sich auf, wenn man von einem Vollzeitstudium in Präsenz in eine andere Studienform umsteigt.

Wechsel der Studienform

Dabei handelt sich in der Regel um ein duales Studium oder ein Fernstudium. In einem dualen Studium sind theoretische und praktische Phasen sehr eng miteinander verknüpft. Dual Studierende wechseln regelmäßig zwischen dem Betrieb und der Hochschule. Die Praxisphasen erfolgen im Unternehmen, das theoretische Wissen eignet man sich an einer Hochschule oder Berufsakademie an.

Bei dieser Art der Ausbildung kann man zwischen drei Modellen wählen: Ausbildungsintegrierendpraxisintegrierend oder berufsintegrierend. Vorbedingung für alle Varianten ist jedoch ein Ausbildungs- oder Arbeitsvertrag mit einem Unternehmen. Ein dual Studierender erhält bereits ein Gehalt oder eine Ausbildungsvergütung.

Wer schon im Vollzeitstudium mit seiner Studienorganisation an seine Grenzen gestoßen ist, für den wird vermutlich ein Fernstudium genau die falsche Wahl sein. Für alle anderen gilt als obere Maxime: Disziplin, strukturiertes Arbeiten, eine hohe Motivation sowie Durchhaltewillen sind ein absolutes Muss, um einen Abschluss zu erreichen. Die Abbruchquoten an Fernhochschulen sind hoch. Ansonsten liegen bei dieser Studienform die Vorteile klar auf der Hand: Man kann flexibel im eigenen Rhythmus von allen Orten und zu jeder Zeit seine Aufgaben erledigen. Ein Bachelor oder Master, der an einer anerkannten Fernhochschule erworben wurde ist den Abschlüssen einer Präsenz-Hochschule völlig ebenbürtig. Vor der letztendlichen Entscheidung „Studium abbrechen – richtig oder falsch?“ könnte man noch den Umzug in eine andere Stadt in Erwägung ziehen.

Wechsel des Studienorts

Gleiches Fach, aber ein anderer Ort? Anderes Fach plus neuer Studienort? Ob diese Optionen tatsächlich das Problem lösen, ist fraglich. Erfahrungsgemäß ziehen grundsätzliche Schwierigkeiten auch an den nächsten Ort mit. Es können aber auch noch ganz andere Überlegungen für einen Wechsel des Studienorts eine Rolle spielen. Damit keine wertvolle Studienzeit verloren geht, sollte man im Vorfeld beim Fachstudienberater abklären, ob die am ehemaligen Studienort erbrachten Leistungen von der neuen Hochschule anerkannt werden. Das kann aufgrund der unterschiedlichen Modulstruktur nicht immer gewährleistet werden. Der Anrechnungsprozess verursacht auf jeden Fall einen nicht unerheblichen Verwaltungsaufwand.

Ein Ortswechsel kann jedoch gut funktionieren, wenn man dadurch näher an der Familie, dem Partner oder der Lebensgefährtin ist. Hier erfährt man möglicherweise genau die Unterstützung, die bisher gefehlt hat. Sei es eine Arbeitsteilung oder auch finanzielle Entlastung oder emotionaler Halt. Und damit schafft man sich genau die Freiräume, die man braucht, um das Studium konzentriert zu beenden.

Die Entscheidungsphase – weiterstudieren oder das Studium abbrechen?

An diesem Punkt ist es wichtig, dass alle Fakten auf den Tisch kommen. Es wird sicherlich nicht leicht Eltern, Freunde oder auch Kommilitonen darüber zu informieren, dass man sein Studium abbrechen will. Ausschlaggebend für einen Richtungswechsel sind passende Ausbildungsalternativen und die damit verbundenen persönlichen Lebensziele. Es gibt genügend Berufe für die ein wissenschaftliches Studium keine Grundvoraussetzung ist. Beruflicher Erfolg und Lebensglück hängen nicht von einer akademischen Karriere ab. Außerdem kann man sich in jedem Beruf weiterqualifizieren und aufsteigen. Jeder, der sich mit dem Gedanken trägt nicht mehr weiter studieren zu wollen, sollte sich genügend Zeit für die endgültige Entscheidung nehmen, aber diese keinesfalls zu lange herauszuzögern. Manchmal muss man einen harten Schnitt machen, um sich Luft für neues zu verschaffen.

Wo finde ich professionelle Hilfe bei meiner Entscheidung?

Wer grübelt und zweifelt und dessen Gedanken immer quälender um das Thema „Studium abbrechen – was dann?“ kreisen, findet Unterstützung bei verschiedenen Einrichtungen:

  • Der Arbeitsagentur
  • (Psychologische) Studienberatungen an den Hochschulen
  • Studentenwerke
  • Private Berufs- und Studienberater
  • Mentoren
  • Lerncoaches
  • Psychologen

Nach dem Studienabbruch – Alternativen außerhalb der Hochschule

Heutzutage ist ein abgebrochenes Studium kein Makel mehr im Lebenslauf. Wer rechtzeitig die Reißleine gezogen, eine Ausbildungsalternative gewählt und einen Abschluss gemacht hat, ist für Personaler genauso interessant wie jemand mit einem Studienabschluss. Aber Vorsicht: So mancher Ex-Student mag jedoch Gefahr laufen nach dem misslungenen Studium schnell irgendeinen Job anzunehmen. Sei es in Branchen, die immer Personal suchen oder durch gut gemeinte Empfehlung aus dem persönlichen Umfeld. Ratgeber, die Studienabbrechern einen Strohhalm bieten, vergessen oft, dass diesen damit nur vorübergehend geholfen ist. Ex-Studis haben zwar schnell Geld (in der Regel nur Mindestlohn) verdient und ihr angekratztes Selbstbewusstsein ein wenig aufpoliert, stehen aber letztendlich ohne berufsqualifizierenden Abschluss da. Unternehmen entlassen erfahrungsgemäß gering qualifizierte Arbeitnehmer eher als solche mit einem Berufsabschluss.

Duale Berufsausbildung statt Studium

Wer von einer Hochschule  in eine duale Berufsausbildung wechseln will, den erwarten durchaus attraktive Karriereperspektiven mit Aufstiegsmöglichkeiten. Studienabbrecher sind in der Wirtschaft gefragt. Als Fachkräfte von morgen ist es für sie meist kein Problem einen Ausbildungsplatz zu finden. Aus einer aktuellen Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) geht hervor, dass mehr als drei Viertel der Unternehmen bereit sind, Studienabbrecher auszubilden. Unternehmen berichten über positive Erfahrungen mit älteren Azubis, da diese schon mehr Lebens- und Lernerfahrung mitbringen und in den meisten Fällen die Ausbildung motiviert durchziehen. „Sie sind die Führungskräfte und Unternehmensnachfolger von morgen“, verspricht sogar das Bundesministerium für Bildung und Forschung.

Hat man den Arbeitsvertrag unterschrieben, kann man mit der Zustimmung des Arbeitgebers und den Handwerks-  oder Industrie- und Handelskammern die dreijährige Ausbildungszeit um sechs bis zwölf Monate verkürzen. Die Berufsschulen bieten dazu sogenannte Schnellläuferklassen an.

Attraktiv sind auch die sogenannten „Sonderausbildungen für Abiturientinnen und Abiturienten“ bei denen man parallel zwei Abschlüsse erwirbt. Sie sind auch als Doppelqualifizierungen bekannt. Derzeit listet die Agentur für Arbeit 17 verschiedene Sonderausbildungen auf. Darunter finden sich unter anderem:

  • Betriebswirt/in – Außenhandel, Textil oder Verkehr
  • Eurokaufmann/-frau
  • Fachberater/in für Integrierte Systeme, Softwaretechniken oder Vertrieb
  • Fachwirt Vertrieb im Einzelhandel
  • Industrietechnologie für Automatisierungstechnik, Datentechnik oder Maschinenbau/Energietechnik
  • Managementassistent/-in
  • Technischer Betriebswirt im Handwerk

Alternativ stehen auch schulische Ausbildungen an Berufsfachschulen, Fachschulen oder Fachakademien zur Wahl. Dies gilt vor allem für das Gesundheits- und Sozialwesen, Technik und IT, Wirtschaft, Gestaltung, Musik oder Fremdsprachen.

Überbrückungsmöglichkeiten

In den meisten Fällen findet man nicht sofort den Anschluss an eine neue Ausbildung. Um den Kopf wieder frei zu bekommen, bieten sich verschiedene Möglichkeiten die gewonnene Zeit sinnvoll zu überbrücken.

  • ein Praktikum im In- oder Ausland
  • eine private Auslandsreise
  • Work and Travel
  • ein Sprachkurs
  • ein Computerkurs
  • Bundesfreiwilligendienst
  • ein Schnupperstudium oder Studium generale

Fazit: Jeder, der mit dem Gedanken spielt sein Studium abzubrechen, sollte zunächst alle Möglichkeiten ausschöpfen, um seine Zweifel (eventuell auch durch externe Berater) zu überprüfen. Aus einem Studium, das keine Freude macht und nicht zu den persönlichen Fähigkeiten passt, wird später auch kein erfüllender Beruf. Daher kann ein gut überlegter Studienabbruch (und eine daraus folgende neue berufsqualifizierende Ausbildung) ein sinnvoller Schritt auf dem Weg in eine erfolgreiche Karriere sein.

Mädchen

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